Am Vorabend des 60. Radklassikers (D-1) zeichnet sich ein hochkarätiges Jubiläum ab. Erstmals starten 13 Teams aus der WorldTour bei Eschborn-Frankfurt. Genau eine Woche vor den UCI Road World Championships nutzen viele Top-Stars den Taunus für einen letzten Belastungstest. Für andere Fahrer ist das WorldTour-Rennen ein Meilenstein auf dem Weg zu den anstehenden Klassikern, wie Paris-Roubaix.

187,4 Kilometer mit mehr als 3.200 Höhenmeter stehen morgen zwischen Eschborn und der Frankfurter City auf dem Programm. Selten versprach die Startliste einen so offenen Rennverlauf, wie in diesem Jahr. Wird die ikonische Taunusrunde mit dem Mammolshainer Stich für eine Selektion sorgen oder kommt das Feld auf der Mainschleife in Frankfurt wieder zusammen für einen Sprint an der Alten Oper?

Auch die Hobbyradsportler*innen erwartet morgen ein Jubiläum. 6.000 Teilnehmende haben sich für die 20. ŠKODA Velotour angekündigt. Sie machen aus dem Radklassiker das größte Jedermann-Rennen, das in diesem Jahr in Deutschland stattfindet. Auch der Nachwuchs wird den Radklassiker als Sprungbrett nutzen, denn gleich sechs Rennen stehen am Sonntag für die Talente an. Von den Kleinsten auf ihren Laufrädern bis zur U17 erhalten die zukünftigen Profis ihre Bühne in Frankfurt.

Radklassiker Eschborn Frankfurt Pascal Ackermann Alexander Kristoff John Degenkolb
@GFR_Henning Angerer
Pascal Ackermann, John Degenkolb, Alexander Kristoff – das Trio der Radklassiker-Sieger.

Das komplette Podium der letzten Austragung ist auch 2021 am Start, ein Wiedersehen der noch aktiven Sieger von Eschborn-Frankfurt. Pascal Ackermann möchte seinen Sieg von 2019 wiederholen: „Mein großer Traum war immer, das Rennen einmal zu gewinnen. Das habe ich erreicht und jetzt habe ich nichts mehr zu verlieren. Viermal Mammolshainer war beim letzten Mal schon extrem hart, das wird morgen nicht leichter werden. Wir werden schauen, dass wir danach alles wieder zusammenbekommen. Ich bin total entspannt, hatte zuletzt gute Beine und bin zuversichtlich für morgen.“

Der vierfache Frankfurt-Gewinner Alexander Kristoff hat zuletzt mit zwei Etappensiegen bei der Deutschland Tour bewiesen, wie sehr ihm Rennen in Deutschland liegen: „Ja – ich sollte hier mehr Rennen fahren. Der Ausgang für morgen ist schwer vorherzusagen. Die Strecke sieht mehr oder weniger so aus wie in den Vorjahren und das sollte mir liegen. Aber wir befinden uns jetzt in einer anderen Phase der Saison – einige Jungs bereiten sich auf die WM vor, andere haben schon fast mit dem Jahr abgeschlossen. Wenn man sich die Startliste ansieht, wird es kein Spaziergang. Aber selbst mit Blick auf die WM werde ich keine Energie sparen – das wird ein guter Test.“

Und für Lokal-Matador John Degenkolb, Gewinner von 2011, ist das Heimrennen in jedem Jahr etwas ganz Besonderes: „Das ist ein Tag, auf den ich mich immer wieder freue. Es sind mittlerweile fast zweieinhalb Jahre vergangen. Es ist cool, dass der Radklassiker wieder stattfinden kann. Wenn Du weißt, dass es bei Dir zu Hause vorbeigeht, wird extra Energie freigesetzt – da geht schon mal mehr. Eine positive Nervosität ist da. Ich bin zuversichtlich, gut drauf und freue mich auf morgen.

Radklassiker Eschborn Frankfurt Simon Geschke
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Simon Geschke – in Herbstform. 

Vor 10 Jahren fuhr Simon Geschke sein bislang bestes Radklassiker-Resultat ein. Platz 8 stand am Ende in den Ergebnislisten. In diesem Jahr ist die Ausgangslage für ein weiteres Top-Resultat gut. Aus der Olympia-Zwangspause kehrte der Tour de France-Etappensieger in bestechender Form zurück und zeigte zuletzt bei den Europameisterschaften ein starkes Rennen. „Wir haben mit Christophe Laporte einen Sprinter, der gut in Form ist. Er bereitet sich auf die WM vor, kommt sehr gut berghoch und wird morgen Kapitän sein. Ich werde ihn so frisch wie möglich ins Finale bringen. Der schwere Part des Rennens wird für alle schwer. Meine Aufgabe wird sein, darauf aufzupassen, dass keine allzu große Gruppe wegfährt. Auch wenn das Rennen mir nicht auf den Leib geschneidert ist, fahre ich immer gern in Deutschland„, blickt der Routinier voraus auf seinen achten Radklassiker.

Radklassiker Eschborn Frankfurt Dylan Teuns
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Dylan Teuns – vom Taunus nach Flandern.

Die achte Etappe der Tour de France gewann Dylan Teuns mit einem langen Solo. Auch bei der Deutschland Tour zeigte er sich angriffslustig, um Nils Politt den Sieg streitig zu machen. Sein Bahrain-Victorious Team ist für viele Radklassiker-Szenarien vorbereitet und Teuns scheint in der aktuellen Form der Mann für die Taunus-Attacken. Für den 29-jährigen Belgier ein letzter Formtest vor der Heim-WM. „Ich glaube nicht, dass ich auf den Sprint warten sollte. Wenn ich gewinnen will, muss ich in einer kleinen Gruppe sein. Eine Woche vor der WM zu sein, macht dieses Rennen zu etwas ganz Besonderem. Sobald ich in den Kalender geschaut habe, wollte ich hier fahren, um mich auf die WM vorzubereiten. Denn für mich ist es wichtig, ein hügeliges und hartes Rennen zu fahren. Ich werde keine Energie sparen. Es passiert nur einmal in einer Karriere, dass die WM in deinem Heimatland stattfindet. Frankfurt ist einfach perfekt, zur Vorbereitung auf nächsten Sonntag„, sagt Dylan Teuns.

Radklassiker Eschborn Frankfurt Jasper Philipsen
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Jasper Philipsen – Premiere für zweifachen Vuelta-Etappensieger

Bei den Sprints der Tour de France war er sechsmal dicht am Sieg, bei der Vuelta durfte er gleich zweimal jubeln. Wer den Scheldeprijs –den Klassiker der Sprinter– gewinnt, zählt zu den ganz großen Namen unter den endschnellen Fahrern. Und das tut Jasper Philipsen: mit nur 23 Jahren führt er das Ranking der Sprinter in dieser Saison souverän an. Seine eindrucksvolle Siegesserie möchte er mit einem Erfolg in Frankfurt erweitern. Gelingt ihm gleich bei seiner Premiere ein Sieg? „Als Team können wir uns über diese Saison freuen. Ich habe bei der Vuelta gewonnen, ich habe gestern gewonnen und das gibt mir viel Motivation für den letzten Teil der Saison. In jedem Rennen suche ich nach neuen Chancen, nach neuen Möglichkeiten. Wir haben noch einige schöne Rennen vor uns, wie morgen Eschborn-Frankfurt. Mal sehen, was passiert„, sagt der Debütant vor seinem Radklassiker-Einstand.