Der Kolumbianer Fernando Gaviria (Quick-Step Floors) hat sich bei der Amgen Tour of California seinen zweiten Tagessieg gesichert. Der 23-Jährige verwies auf der fünften Etappe im Massensprint nach 176,5 Kilometern von Stockton nach Elk Grove wie bereits zum Auftakt den Australier Caleb Ewan (Mitchelton-Scott) sowie Weltmeister Peter Sagan (Bora-hansgrohe) auf die Plätze.
Marcel Kittel (Katusha-Alpecin) konnte aufgrund eines Defektes knapp sechs Kilometer vor dem Ziel nicht in den Sprint eingreifen. Sein etatmäßiger Anfahrer Rick Zabel sprang in die Bresche und wurde Vierter. Der Gesamtführende Tejay van Garderen erreichte das Etappenziel im Hauptfeld und verteidigte mühelos sein Gelbes Trikot vor Egan Bernal (Sky) und Daniel Martinez (EF-Drapac).
„Ich habe ein Schlagloch getroffen und mir dabei den Reifen beschädigt. Ich musste das Hinterrad wechseln. Ärgerlich, denn ich hatte gute Beine und wollte gewinnen“, so Kittel im Ziel. Katusha-Alpecin-Sportdirektor Torsten Schmidt sah aber auch das Positive: „Klar sind wir enttäuscht. Rick ist aber gut eingesprungen und im Sprint Vierter geworden. Da hat die Kommunikation perfekt funktioniert.“
„Es war ein schnelles Rennen mit viel Rückenwind. Im Finale gab es viele Stürze aber da konnte ich mich problemlos raushalten. Ich freue mich, denn mein Team hat mich sehr gut unterstützt“, so Gaviria auf der Pressekonferenz. Der Kolumbianer, der im Juli erstmals an der Tour de France teilnehmen wird, verwies erneut die in Kalifornien versammelte Sprinterelite in die Schranken. „Es war eine langweilige Etappe. Im Finale wurde es aufgrund des Windes nervös im Feld. Zehn Kilometer vor dem Ende hatte ich noch einen Defekt, da musste mein Team mich wieder nach vorn bringen. Vielleicht habe ich da die entscheidenden Körner liegen lassen“, beschrieb der Zweitplatzierte Ewan seinen Arbeitstag.
Der Rennverlauf
Früh hatte sich eine fünfköpfige Spitzengruppe um Stijn Vandenbergh (AG2R-La Mondiale), Fabian Lienhard, Ruben Companioni (beide Holowesko-Citadel), Michael Rice (Axeon Hagens Berman) und Tanner Putt (United Healthcare) abgesetzt und einen Vorsprung von maximal 3:25 Minuten herausgefahren. Bei 23 Grad und erneutem Sonnenschein stellte Vandenbergh als Gesamtbester der Fünf mit über 16 Minuten Rückstand keine Gefahr für das Gelbe Trikot von van Garderen dar. Doch die Sprinterteams wollten sich ihre zweite Gelegenheit auf einen Massensprint nicht entgehen lassen und organisierten die Verfolgung. Companioni sicherte sich die einzige Bergwertung des Tages und zog in der Sonderwertung damit mit Bernal gleich.
Gut vier Kilometer vor dem Ende kam es zu einem der besagten Stürze, der Maximilian Walscheid (Sunweb) aller Chancen auf ein Spitzenresultat beraubte. Knapp zwei Kilometer später war es um das Spitzenquintett geschehen, ehe Quick-Step Floors für Gaviria von vorn den Sprint mustergültig vorbereitete. Ewan kam zwar mit der höchsten Endgeschwindigkeit noch stark auf, doch es reichte nicht, um noch zum Sieg zu sprinten.
Vorschau 6. Etappe (Folsom – South Lake Tahoe, 196,5 km)
Obwohl mit Elk Groove, einem Vorort von Sacramento, das Finale der Rundfahrt heute bereits nah lag, muss am Freitag noch ein Abstecher an den Lake Tahoo absolviert werden. Die Königsetappe der Tour of California steht an. Nach dem Start in Folsom geht es stetig bergauf, um binnen 130 Kilometern 2.500 Meter Höhenunterschied zu absolvieren. Selbst das Ziel in South Lake Tahoo bietet nach 196,5 Kilometern noch Höhenluft und am Ende des Tages wird das Peloton insgesamt 5.300 Höhenmeter der Sierra Nevada in den Beinen haben.
Max Walscheid (Sunweb): „Das Höhenprofil sieht sehr schwer aus. Wir fahren von Meereshöhe auf 2.600 Meter hoch. Das wird definitiv ein harter Tag für mich, um im Zeitlimit durchzukommen.“
Mathias Frank (AG2R-La Mondiale): „Morgen ist ein richtig schwerer Tag. Das machen wir in Europa auch nicht alle Tage. Da kann viel passieren. Unser Ziel muss es sein, offensiv zu fahren.“
Daniel Martinez (EF-Drapac): „Ich muss Tejay van Garderen und Egan Bernal folgen. Vor allem Egan wird sicher angreifen.“
Torsten Schmidt (Sport Direktor, Katusha-Alpecin): „Morgen sollen unsere Jungs wie Nathan Haas, Ian Boswell, Matteo Fabbro und Nils Politt versuchen, in eine Gruppe zu kommen. Der Rest wird Marcel über die mehr als 5.000 Höhenmeter helfen.“
Lake Tahoe – einzigartiges Naturspektakel
Wenn die Radprofis der Amgen Tour of California am Freitag gegen 16 Uhr Ortszeit das Ziel in South Lake Tahoe erreichen, werden sie aufgrund der bewältigten 5.300 Höhenmeter vor Erschöpfung wohl kaum die Umgebung genießen können. Dabei lohnt sich ein Blick auf die Landschaft auf über 2.000 Metern Meereshöhe allemal. Mark Twain beschrieb den Lake Tahoe einmal als „das schönste Bild, das die Erde zu bieten hat“. Eingerahmt von schneebedeckten 3.000ern erstreckt sich der See auf nahezu 500 km² im Nordosten des US-Bundesstaates. Mit einer Durchschnittstemperatur von 18,7 Grad im Sommer lädt der See zu einer willkommenen Abkühlung in der kalifornischen Hitze ein.
Doch nicht nur aufgrund der Olympischen Winterspiele 1960 ist der See auch ein Ort für Wintersportler: Nach den Spielen entwickelte sich die Region um den Lake Tahoe zum beliebtesten Skiresorts der Vereinigten Staaten. An der Grenze zum Nachbarstaat Nevada gelegen, ranken sich einige Mythen um das bis zu 501 Meter tiefe Gewässer. So soll analog zum Loch Ness in Schottland ein Ungeheuer namens Tessie auf dem Grund des Lake Tahoe sein Unwesen treiben. Historisch betrachtet taucht der zweithöchste See erst seit gut 70 Jahren unter seinem Namen auf: Zu Ehren des dritten Kalifornien-Gouverneurs John Bigler wurde der See zunächst Lake Bigler genannt. Im Jahr 1862 etablierte sich zudem der Name Tahoe, was bei den nordamerikanischen Ureinwohnern „See“ bedeutet. Seinen heutigen Namen erhielt der Lake Tahoe schließlich im Jahr 1945.
Aufgrund der Höhenlage und dem Risiko für Wintereinbrüche besuchte die Amgen Tour of California den See erstmals im Jahr 2011, nachdem die Rundfahrt im Jahr zuvor vom Februar in den Mai verlegt wurde. Prompt musste allerdings die Auftaktetappe mit Start am Lake Tahoe aufgrund der Schneemassen abgesagt werden. Die Zielankunft der 5. Etappe im Jahr 2016 blieb bislang die einzige Ankunft. Mit dem Etappenfinale der diesjährigen sechsten Etappe darf sich nach dem Letten Toms Skujins ein weiterer Fahrer in die Siegerliste an einem besonderen Flecken Erde eintragen.
Start der Amgen Tour of California für die Frauen
Für die Frauen stand derweil die Auftaktetappe der dreitägigen Amgen Tour of California Women’s Race an. Die Lokalmatadorin Kendall Ryan (Tibco-Silicon Valley Bank) sicherte sich nach 123,5 Kilometern rund um Elk Grove den Sieg im Massensprint vor ihrer Landsfrau Emma White (Rally Cycling) sowie der Australierin Annette Edmondson (Wiggle High5) und übernahm das Gelbe Trikot der Rundfahrt. Als beste Deutsche kam Liane Lippert (Sunweb) auf Rang 36 zeitgleich mit der Siegerin ins Ziel.