Vorhang auf zum letzten Akt der Frühjahrsklassiker. Am 1. Mai wird mit Eschborn–Frankfurt der Übergang von den Klassikern zur zweiten Saisonhälfte gefeiert. 21 Teams aus 13 Ländern haben ein hochkarätiges internationales Fahrerfeld nominiert, das bei der 57. Auflage des Radklassikers die Dominanz des Seriensiegers Alexander Kristoff (UAE-Team Emirates) durchbrechen soll. Um den Ausgang des Rennens offen zu halten, wurden auf dem Kurs kleine, aber feine Änderungen vorgenommen. Mit stärker betontem Klassikercharakter enthält Eschborn–Frankfurt mehr Schwierigkeiten als bisher, verteilt auf 212,5 Kilometer und 3.500 Höhenmeter.
Die Taunusrunde hat in diesem Jahr einen selektiveren Charakter erhalten. Nach der Überquerung des Feldberges (11km bei 4,8%) müssen in sehr kurzer Abfolge der knackige Anstieg in Ruppertshain dreimal, der Mammolshainer Stich sogar viermal und die Billtalhöhe zweimal erklommen werden. Danach wird die Gruppe der Sieganwärter, die sich auf die letzten 40 Kilometer zum Finale an der Alten Oper begibt, klein sein. Auch die letzte Rennstunde ist nun anspruchsvoller und führt über eine Welle am Hainer Weg, der bis 2001 die Zielgerade des Rennens war. Spätestens hier, kurz vor dem Ziel, werden einige Fahrer versuchen, einem Zielsprint aus dem Weg zu gehen.
Stimmen aus dem Peloton – Vorsicht und Vorfreude halten sich die Waage
Der Gewinner der letzten drei Ausgaben des Radklassikers, Alexander Kristoff, hat Respekt vor diesen neuen Herausforderungen und sieht sich nicht mehr in der Favoritenrolle: „Es wäre natürlich schön, mit einem vierten Sieg einen neuen Rekord bei Eschborn-Frankfurt zu setzen. Aber ich habe gehört, dass der Kurs in diesem Jahr noch härter ist. Durch diese Änderungen erwarte ich nicht, erneut ganz oben auf dem Podium zu stehen. Bereits in den letzten Jahren hat mich das Rennen an mein Limit gebracht. Mit noch mehr Anstiegen wird es nun wirklich sehr schwer für mich.“
In diese Lücke können die Klassikerexperten stoßen, die bei Eschborn–Frankfurt ein erfolgreiches Frühjahr abschließen und mit einem Erfolg in die Rundfahrtsaison starten möchten. Michael Matthews, Kapitän des deutschen Team Sunweb, hat soeben den Auftakt der Romandie-Rundfahrt gewonnen und freut sich auf den Radklassiker: „Es ist immer schön, in der Heimat unserer Mannschaft zu fahren. Ich glaube, dass wir an diesem Tag gute Chancen haben, weil wir mit einem starken Team zu Eschborn–Frankfurt kommen. Dieses Rennen ist auch eine gute Motivation für unsere Nachwuchstalente, was für uns sehr wichtig ist.“ Im siebenköpfigen Aufgebot des Team Sunweb stehen mit Phil Bauhaus, Simon Geschke, Johannes Fröhlinger und Max Walscheid gleich vier deutsche Fahrer.
Auch aus deutscher Sicht liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Team Katusha-Alpecin. Mit Simon Špilak in 2013 und Kristoff, der bis zu seinem Teamwechsel in dieser Saison die roten Trikots trug, hat sich die Mannschaft bei den letzten vier Ausgaben des Radklassikers durchgesetzt. Neben Špilak sind auch Rick Zabel, Zweiter im Vorjahr, und Nils Politt, Siebter bei Paris–Roubaix, für den 1. Mai nominiert. „Als Deutscher gehe ich natürlich hoch motiviert an den Start. Frankfurt ist mein erstes Rennen nach einer dreiwöchigen Rennpause. Trotzdem bin ich optimistisch, letztes Jahr hat es auch gut geklappt. Wir müssen abwarten, wie das Rennen verläuft, aber als Team sind wir für jede Rennsituation gerüstet. Mit Simon Špilak haben wir einen sehr starken Fahrer in unseren Reihen und mit Rick haben wir jemand im Team, der bergfest und schnell im Sprint ist“, sagt Nils Politt. Teamkollege Rick Zabel ergänzt: „Ich freue mich sehr, am 1. Mai wieder am Start zu stehen und bin hochmotiviert, auch wenn die Strecke deutlich schwerer ist als letztes Jahr. Ich bin mal gespannt wie das Rennen am nächsten Dienstag verlaufen wird, und hoffe auf ein gutes Ende für mich und mein Team.“
Das erfolgreichste Team der Frühjahrsklassiker und unangefochtene Nummer 1 im UCI WorldTour Ranking, Quick-Step Floors, ist für die verschiedenen Rennsituationen bei Eschborn-Frankfurt ebenfalls bestens gewappnet. Mit Fabio Jakobsen steht der Gewinner der letztjährigen U23-Ausgabe des Radklassikers und Sieger von Nokere Koerse und dem Scheldeprijs genauso am Start, wie Ausnahme-Sprinter Fernando Gaviria. Der 23-jährige Kolumbianer hat bereits 4 Saisonsiege in seinen Palmarès und freut sich auf sein Debüt beim Radklassiker: „Es wird mein allererster Auftritt bei Eschborn–Frankfurt, einem prestigereichen Rennen, auf das ich neugierig bin. Ich bin gerade erst nach einer Verletzung zurückgekommen und hatte eine lange Rennpause. Daher habe ich keine allzu großen Erwartungen an meine Form. Mein Team hat ein fantastisches Frühjahr erlebt. Wir stehen mit großem Selbstbewusstsein am Start, sind voll motiviert. Wir hoffen, nächsten Dienstag ein weiteres gutes Ergebnis einzufahren.“
Ähnlich wie Kristoff und Gaviria liegt auch beim belgischen Meister Oliver Naesen (AG2R La Mondiale) im Abweisen der Favoritenrolle das Gebot der Stunde: „Nach einer harten langen Frühjahrskampagne kommt Eschborn–Frankfurt vielleicht etwas zu früh für mich. Ich bin nicht sicher, in welcher Form ich bin. Natürlich möchte ich mich zeigen und mein Bestes bei diesem Rennen geben – auch weil ich hier im letzten Jahr krankheitsbedingt aufgeben musste. Ich bin sehr motiviert für die zweite Saisonhälfte, die für mich am Dienstag in Deutschland beginnt.“
Die Startliste des diesjährigen Radklassikers lässt auf ein wahres Klassikerfest hoffen: 20 der 21 Mannschaften sind bei einem der vier Frühjahrsmonumente gestartet und so bildet das traditionsreichste deutsche Eintagesrennen einen würdigen Abschluss dieser großen Klassiker.