Ein Gespräch mit Landrat Wolfgang Spelthahn kurz vor dem Großereignis
Spüren Sie im Kreis Düren bereits eine gewisse Vorfreude auf den Sonntag?
„Ja – die Vorfreude ist an allen Stellen spürbar. Viele Leute fragen, wo es den besten Blick auf das Feld geben wird. Man hat so richtig das Gefühl, dass mit jeder Minute, die wir näher an das Ereignis rücken, die Vorfreude steigt – aber auch die Spannung, wie es ablaufen wird.“
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: welche Bilder aus dem Kreis Düren sollen am Sonntag um die Welt gehen?
„Ich wünsche mir, dass die Straße voll mit Menschen ist, die begeistert die Fahrer anfeuern und die dazu beitragen, ein positives Image der Stadt Jülich, der Gemeinden Aldenhoven und Titz, aber auch des ganzen Kreises zu transportieren.“
Welche Reaktionen haben Sie in den letzten Monaten nach der Bekanntgabe, dass die Tour de France durch den Kreis gehen wird, erhalten?
„Es gibt sicher immer den ein oder anderen, der grundsätzlich gegen Absperrmaßnahmen und gegen Sportereignisse jedweder Art ist. Aber ich wage die Einschätzung, dass der überwiegende Teil der Menschen sich auf die Tour freut. Wir wissen, dass wir sie nach 25 Jahren erneut hier Willkommen heißen. Dieses Mal im entgegengesetzten Teil des Kreises.“
Wie haben die französischen Partnerstädte reagiert?
„Speziell die Stadt Jülich hat eine enge Verbindung gehabt und die ist, so glaube ich, durch diese Tour de France wiederbelebt worden. Sie war eingeschlafen und man hat jetzt die Tour als Aufhänger genommen, den Kontakt zu vitalisieren und das klappt hervorragend. Insofern hat das Ereignis jetzt schon eine völkerverständigende Wirkung.“
Auf welchen Programm-Höhepunkt im Kreis Düren freuen Sie sich am meisten?
„Alle drei Kommunen, die das Glück haben, Durchgangsstation zu sein, bereiten sich sehr intensiv vor. Ich freue mich, dass wir auch die Chance haben, viele Ehrenamtler, die dem Ereignis entgegenfiebern, ins Bild zu rücken. Schön ist einfach, dass alle an einem Strang ziehen, wenn solch eine Chance da ist und so ein Zeichen von Gemeinsamkeit setzen. Ich freue mich auf den gesamten Tag und denke, das wird ein Ereignis sein, von dem wir in 25 Jahren noch sprechen. Dann, wenn die Tour statistisch gesehen, erneut durch den Kreis fährt.“
Haben Sie die Tour de France vor 25 Jahren im Kreis Düren erlebt?
„Ich habe die Tour de France vor 25 Jahren und den Giro d’Italia vor 15 Jahren als Fan an der Strecke erlebt. Ich erinnere mich heute noch daran, dass es nicht nur der Moment des Vorbeifahrens war, sondern dieses Warten, dieses parallele Zuhören der Übertragung. Als die Werbekolonne kam, merkte man richtig, wie die Fierberkurve bei den Zuschauern massiv anstieg. Das war ein grandioses Erlebnis.“
Der Kreis Düren hat eine gewisse Radsport-Tradition: vom Nachwuchsrennen Rund um Düren über den Giro d’Italia bis zur Tour de France. Wie wichtig sind solche Sportevents für die Region?
„Jedes Ereignis hat seinen besonderen Reiz. Gerade das Radsportereignis darf nicht auf das kurze Vorbeihuschen des Feldes reduziert werden. Sondern es ist die Chance, die Region weltweit mit einigen Schlaglichtern zu beleuchten. Und wenn ich das umrechnen würde in einen werblichen Aufwand, dann wäre das für uns vollkommen unerreichbar. Insofern spreche ich hier von einem Glücksfall für die Region. Und die Möglichkeit, die Region sympathisch zu vermitteln und darzustellen. Wenn man sieht, wie viele Bürger sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Häuser schmücken und ein Signal des Willkommens aussenden können, dann ist das auch ein tolles Signal für den Aufbruch der Region.“
Der Kreis Düren ist ein „fahrradfreundlicher Kreis in NRW“ – welche Rolle spielt das Fahrrad in der Region?
„Wir haben uns diese Auszeichnung hart erarbeiten müssen, weil wir jahrelang Versäumnisse in Bezug auf das Radfahren hatten. Aber wir haben mit erheblichen Einsatz und Aufwand nachjustiert. Jetzt stehen wir vor einem großen Durchbruch, weil uns eine großzügige Förderung von 4,7 Millionen Euro zuteil wird, mit der wir unsere markanteste Radstrecke, den Rurufer-Radweg, ertüchtigen können. Das wird sicherlich ein Weg sein, der eine hervorragende Popularität für die Menschen vor Ort aber auch für viele Besucher entfalten wird. Das Radfahren, der Radtourismus, die wirtschaftliche und freizeitgestaltende Bedeutung des Radfahrens ist gewaltig für den Kreis Düren.“
Von der Eifel bis zu den Ebenen im Norden des Landkreises gibt es eine große Vielfalt – was empfehlen Sie Radtouristen im Kreis Düren besonders?
„Ich habe mittlerweile ein Fahrrad, wo ich mich mit Hilfe eines kleinen Elektromotors durch die Eifel bewegen kann. Ich empfehle oben auf der Höhe der Eifel zu starten und der Rur ins Tal zu folgen. Für geübte Menschen ist der umgekehrte Weg natürlich kein Problem. Ich empfehle, nicht nur sklavisch an der Route entlang der Rur zu kleben, sondern auch mal links und rechts abzubiegen. Einfach mal ein wenig Zeit nehmen und ohne starre Planung durch die Region fahren. Selbst jemand, der bereits viele Jahre hier lebt, entdeckt so immer wieder, was für schöne Möglichkeiten wir hier bieten. Näher ranzukommen und wesentlich sinnlichere Einblicke zu nehmen – diese Chance bietet das Rad.“
Die Tour de France führt von Düren über die Städteregion Aachen bis nach Lüttich – alles Mitglieder der Euregio Maas-Rhein. Welches Symbol setzt die Tour de France für die Euregio?
„Der Routenverlauf der Tour de France zeigt, wie sich das Feld durch Europa schlängelt und das freut uns hier besonders. Weil es das ist, was wir seit Jahren und Jahrzehnten im Dreiländereck leben. Die Tour ist letztlich ein Symbol für das, was wir hier erreichen wollen. Dass es keinen Unterschied macht, auf welcher Seite der Grenze ich lebe, sondern dass es selbstverständlich ist, über alte Grenzen hinweg Gemeinsamkeit zu definieren. Insofern ist die Tour für uns eine tolle Situation, die das reflektiert, was wir versuchen zu erreichen und was wir, glaube ich, teilweise auch schon gut erreicht haben.“