Wer gehört zu den Favoriten: Sind es einmal mehr die Sprinter, die in Frankfurt vor der Alten Oper jubeln, oder zeigt die Streckenänderung Wirkung und ein Klassiker-Jäger fährt nach knapp 204 Kilometern als Erster über den Zielstrich von Eschborn-Frankfurt? Im Feld sind auf jeden Fall wieder zahlreiche Top-Sprinter, die sich aber auch schon bei Klassikern erfolgreich waren, vertreten. Und sie sind trotz einer zweiten Feldberg-Überfahrt überwiegend optimistisch.

So wie Alexander Kristoff (Uno-X Pro Cycling Team), mit vier Siegen (2014 bis 2018) und drei dritten Plätzen (2019, 2021, 2022) der Radklassiker-König: „Ich freue mich, nach Frankfurt zurückzukommen. Es ist eines meiner Lieblingsrennen, ich habe immer gut abgeschnitten. Ich weiß, dass sich die Strecke dieses Jahr etwas verändert wurde und der Feldberg zweimal gefahren werden muss. Das wird es schwerer machen. Immerhin ist es dafür einmal weniger Mammolshain im Weg. Hoffentlich schaffe ich es, das zu überleben und dann wieder ein gutes Resultat einzufahren.

Sam Bennett
©GFR – Henning Angerer

Auch Vorjahressieger Sam Bennett (Bora – hansgrohe) erinnert sich gerne an seinen letzten Auftritt in Frankfurt zurück: „Der Sieg 2022 war wirklich wichtig für mich, weil er nach den Problemen, die ich zu Saisonbeginn hatte, den Wendepunkt darstellte. In diesem Jahr läuft es für mich bisher wieder nicht so rund. Ich hatte einen guten Winter, aber das spezifische Sprinttraining hat nicht die Wirkung gezeigt. Ich hoffe also, dass es wieder Frankfurt sein wird, wo ich zurück zu meiner Topleistung finde.

John Degenkolb
©ASO-Pauline Ballet

Ein einzigartiges Rennen ist Eschborn-Frankfurt jedes Jahr für John Degenkolb (Team DSM), Sieger von 2011, der seit Jahren in Oberursel lebt. „Es ist immer etwas Besonderes, als Lokalmatador ins Rennen zu gehen. Es wird wie immer eine große Freude mit den vielen Freunden, Familie und bekannten Gesichtern an der Strecke. Mit dem guten Paris-Roubaix im Rücken kommt noch viel mehr Vorfreude auf. Entsprechend fiebere ich dem Rennen entgegen. Ich habe die letzten Tage genutzt, um auf der Strecke zu trainieren, damit ich am Montag in Topform antrete.

Jasper Philipsen
©ASO-Pauline Ballet

Mit Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) ist der Sieger von 2021 und der erfolgreichste Sprinter der bisherigen Saison am Start, vier Siege, darunter auch die inoffizielle Sprinter-WM, den Scheldeprijs, sicherte sich der Belgier. Zuletzt kam Platz zwei bei Paris-Roubaix hinzu. Nach Frankfurt reist er mit viel Understatement. „Ich hatte einen guten Winter und habe hart gearbeitet. Das hat sich bisher ausgezahlt. Nach Roubaix habe ich eine Woche komplett Pause gemacht, um zu regenerieren. In Frankfurt werde ich wahrscheinlich nicht in Bestform sein, weil wir jetzt schon auf die Tour de France hinarbeiten. Ich bin aber auf jeden Fall motiviert. Die Strecke ist vielleicht schwerer als zuletzt, aber das Finale hat sich nicht verändert.

Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) hat Eschborn-Frankfurt 2019 bereits einmal gewonnen. Und würde es in diesem Jahr gerne wieder tun. „Die Strecke wird dieses Jahr etwas schwerer, aber ich denke, sie ist für Sprinter immer noch interessant. Ich will definitiv wieder aufs Treppchen und denke, dass es mit der Vorbereitung für den Giro d’Italia auch klappen kann.

Auf seinen ersten Triumph hingegen hofft Arnaud De Lie (Lotto Dsytny). Dem 21-Jährigen gelang in der letzten Saison der Durchbruch bei den Profis: „Ich freue mich auf mein zweites Mal in Frankfurt. Die Strecke ist wunderbar. Ich sehe eine gute Chance, um mein erstes WorldTour-Rennen zu gewinnen.

Für Max Walscheid (Cofidis) dürfte die neue Streckenführung etwas zu schwer werden – sagt er selbst. Vielleicht kommt der 29-Jährige wie bei seinem starken achten Platz bei Paris-Roubaix aber auch nur lieber aus dem Hinterhalt: „Es war immer ein sehr ausgewogenes Rennen, immer haarscharf auf der Kante zwischen Sprint, Ausreißern oder sogar Bergfahrern. Dieses Jahr sehe ich nicht, dass es einen Massensprint geben wird. Wahrscheinlich sprinten Leute, aber dass ich dabei bin, wird ganz, ganz schwer. Es ist trotzdem ein sehr attraktives Rennen – für mich wahrscheinlich leider etwas zu schwer, aber wir werden damit umgehen können.

Dem Deutschen Meister Nils Politt (Bora – hansgrohe) sollte der Kurs entgegenkommen: „Ich denke, gerade die Kombination aus Mammolshain über die Billtalhöhe und dann den Feldberg hoch wird sehr, sehr selektiv und für eine Vorentscheidung sorgen. Mal schauen, in welcher Verfassung ich da sein werde. Letztes Jahr haben wir als Team gewonnen und wollen den Titel natürlich irgendwie verteidigen.“ Möglicherweise durch ihn? „Das muss einfach viel zusammenpassen. Aber es wird wohl nur möglich sein, wenn ich in einer kleinen Gruppe vorne bin und dort nochmal angreifen kann.

Jonas Rutsch
©ASO-Charly Lopez

Gleiches gilt für Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost), der in Erbach etwas südlich von Frankfurt aufgewachsen ist: „Persönlich wird die Chance für mich durch den schweren Kurs größer. Ich will meine bestmögliche Leistung abrufen können und freue mich über jeden, der mehr an der Strecke steht und mich dabei anfeuert.

Das WorldTour-Rennen startet neutral um 12:05 Uhr in Eschborn, mit dem scharfen Start zu den 203,8 Kilometern um 12:11 Uhr. Nach einer ersten Passage des Zielgebiets vor der Alten Oper in Frankfurt nach 15 Rennkilometern nehmen die Profis die Taunus-Runde in Angriff. Die erste Bergwertung steht am Feldberg an (46,5 km). Anschließend wird in kurzer Abfolge der Mammolshainer zweimal bezwungen (92 km und 107,9 km). Nach der zweiten Passage geht es auf die neue, schwerere Auffahrt zum Feldberg (117,8 km). 50 Kilometer später steht die dritte und letzte Überfahrt des Mammolshainer Stich an, bevor es zum Finale nach Frankfurt geht. Bereits nach der ersten Zieldurchfahrt geht es auf die Schlussrunde mit 6,6 Kilometern, bevor gegen 17 Uhr der Sieger des Radklassikers 2023 gekürt wird.